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Spielplan



Autorenwettbewerb: Eine Jugend in Deutschland. Vorentscheid

Präsentiert von schauspielfrankfurt und dem Maxim Gorki Theater Berlin
Juryvorsitz: Christoph Hein




Vorstellung der ausgewählten Stücke und Projekte
15. April 2007, 15 – 22 Uhr, schmidtstrasse12
Mit Ensemblemitgliedern des schauspielfrankfurt und Gästen


Perspektivlosigkeit, Bildungsmisere und Resignation gegenüber den zu erwartenden Verhältnissen hat sich bei jungen Menschen in Deutschland breit gemacht. Sie sehen sich gezwungen, neu und anders über Lebenskonzepte nachzudenken. Wie ist Zukunft heute noch denkbar? Welche Überlebensstrategien in Zeiten schleichender kultureller, sozialer und geistiger Amnesie sind möglich?
Das haben sich schauspielfrankfurt und das Maxim Gorki Theater Berlin gefragt und für diese Spielzeit einen Autoren- und Projektwettbewerb ausgeschrieben. Gesucht wurden Autoren und Projektmacher, die sich mit aktuellen politischen Themen auseinandersetzen und die neue ästhetische Ansätze anzubieten haben. Das Thema des Wettbewerbs: „Eine Jugend in Deutschland.“

Insgesamt 110 Autoren und Projektmacher haben ihre Stücke und Projektentwürfe eingesandt. Gibt es neue Ideen, Lebensstrategien und Utopien oder ist die Lage der Jugend in Deutschland gar nicht so perspektivlos wie man meint?
Nach intensivem Lesen sind zumindest zwei Dinge klar: Jugend ist mittlerweile keine Frage des Alters mehr und das Alter der Autoren erkennt man meistens an der Wahl des Tocotronic-Songs.
Die Generation Praktikum sitzt gerne in WGs, am liebsten natürlich in Berlin, und redet über Projekte, die dann doch keine sind. Oder sie versucht herauszufinden, was da eigentlich alles falsch gelaufen ist mit den Träumen, nach dem Abi auf der Reise in die weite Welt. Die Sehnsucht nach dem großen Jugendroman, am liebsten zu dritt. Doch dass drei einer zuviel sind, weiß man ja auch schon spätestens seit Lotte, Albert und Werther. Radikal wäre man gern, doch am Schluss bleibt es bei der Frage, ob man genügend Taschengeld hat. Jugend ist immer die Frage nach der Identität, nach dem „Wie lebe ich und warum“ und wo will ich eigentlich hin. Doch singt heute keiner mehr, dass er Teil einer Jugendbewegung sein möchte. Geschweige, dass man eine Vorstellung davon hätte, wie die eigentlich notwendige Revolution auszusehen hätte. Vielmehr scheinen sich viele mit ihrer Lage abzufinden, die gar nicht so schlecht zu sein scheint, solange das Meeresrauschen in der Ferne genügend mögliche Freiheit verspricht.

Nach langer Suche hat die Auswahljury, bestehend aus den Dramaturgien beider Theater und dem Schriftsteller Christoph Hein, eine Vorauswahl von acht Stücken und Projektentwürfen getroffen, die sich ästhetisch ansprechend mit wesentlichen Fragen von Jugend und dem Leben in unserer Gesellschaft befassen. Sie werden dem Publikum gemeinsam mit den Autoren und Projektmachern am 15. April 2007 in der Frankfurter schmidtstrasse12 und eine Woche später am Maxim Gorki Theater Berlin vorgestellt.

Es sind die Stücke „Der Blindgänger“ (AT) von Rolf Kemnitzer, „Leben nur einfach“ von Anja Fleischmann, „so nah und doch so fern“ von Klaus Hoggenmüller und „Transporter“ von Kai Ivo Baulitz. Auch vier Projektentwürfe haben es in die Vorauswahl geschafft: „highQ – Gehirne in Hochgeschwindigkeit“ von lunatiks produktion, „Schluss mit Zukunft“ (AT) von Oliver Bierschenk und Katharina Schlender, „Wir Kinder vom Hauptbahnhof“ von Jörg Albrecht und Steffen Klewar sowie „Zonenwaende“ von Gabriela Gillert und Christoph Sommerfeldt.

Die ausgewählten Stücke beschreiben auf unterschiedliche Weise, wie Leben hier und heute möglich sein kann. „Der Blindgänger“ handelt von Freundesverrat und einer Schuld, die man als Jugendlicher auf sich geladen hat. Die Schuld kehrt zurück als Albtraum, dem man sich stellen muss, um endlich weitergehen zu können. Eine Untersuchung von Lebensstrategien beschreibt „Leben nur einfach“. Es zeigt den Versuch, als Arbeitsloser überhaupt leben und vor allem überleben zu können, wenn einem mehr Unverständnis als Unterstützung entgegenschlägt. In „so nah und doch so fern“ geht es weniger um ein gesellschaftliches Scheitern als um das Versagen vorm eigenen Leben und die Frage nach dem „Wie lebe ich richtig mit Schuld“: Die Suche nach einer geheimnisvollen Todesinsel, das Auftauchen eines mysteriösen Mädchens und der Tod eines Schülers lassen das Leben eines Lehrers aus dem Ruder laufen. „Transporter“ wiederum handelt von einem wiedergefundenen Vater und der Suche nach der eigenen Herkunft in einer Welt der materiellen Abhängigkeiten und dem Kampf gegen das persönliche Scheitern.

Auf die Suche nach Überlebensstrategien und danach, wie Zukunft denkbar sein könnte, begeben sich auch die Projektmacher. lunatiks produktion forscht nach den Überlebenstechniken hochbegabter Kinder: Wie nutzen sie ihre Außenseiterposition zur Lebenserkundung und welche neuen Konzepte von Leben entwirft diese Reise? Oliver Bierschenk und Katharina Schlender beschäftigen sich mit den allegorischen Figuren Vergangenheit, Gegenwart, Zukunft und Schicksal. Die Autoren fragen, was wohl eigentlich passiert, wenn die Zukunft nicht mehr bloße Folge sein will und in einem Dimensionsloch verschwindet, wodurch Vergangenheit, Gegenwart und Schicksal ins Chaos geraten. Jörg Albrecht und Steffen Klewar geht es darum, wie und ob man an zur kulturellen Identitätsstiftung gebauten Nicht-Orten heimisch werden kann – obwohl doch gerade Nicht-Orte die Identitätsfindung eher verweigern denn fördern. Und Gabriela Gillert und Christoph Sommerfeldt geht es in ihrem Projekt um eine Bilanz nach sechzehn Jahren deutsch-deutscher Wiedervereinigung: Welche Hoffnungen waren mit ihr verbunden und wie haben sie sich erfüllt? Sind wir inzwischen ein geeintes Land mit einer „Jugend in Deutschland“ oder ist der andere immer noch „mein peinlicher Nachbar“?

Nach der Präsentation der Vorauswahl entscheiden eine Fachjury und das Publikum über vier Stücke oder Projektentwürfe, die von den beiden Theatern als Werkstattaufführungen sowohl in Frankfurt am Main als auch in Berlin präsentiert werden. Die Premieren am schauspielfrankfurt finden statt am 18. Mai 2007, das Maxim Gorki Theater Berlin folgt mit der ersten Werkstattinszenierung einen Tag später und mit der zweiten am 31. Mai 2007. Im Juni dann werden die Aufführungen im Austausch in Berlin und Frankfurt gezeigt.

Ablaufplan

15.00 - 15.30
highQ - Gehirne in Hochgeschwindigkeit, von Tobias Rausch und Ilka Rümke

15.45 - 16.15
So nah und doch so fern von Klaus Hoggenmüller
Lesung

16.15 - 16.45
Schluss mit Zukunft von Oliver Bierschenk und Katharina Schlender
Projekt

16.50 - 17.20
in der Lounge
Blindgänger von Rolf Kemnitzer
Lesung

17.20 - 17.50
Zonenwände von Gabriela Gillert und Christian Sommerfeld

17.50 - 18.15 Pause

18.15 -18.45
Wir Kinder vom Hauptbahnhof von Steffen Klewar und Jörg Albrecht
Projekt

18.55 - 19.25
Leben nur einfach von Anja Fleischmann
Lesung

19.25 - 19.55
Transporter von Kai Ivo Baulitz
Lesung





schauspielfrankfurt in Kooperation mit dem Maxim Gorki Theater Berlin und dem Hauptstadtkulturfonds 2007