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Spielplan



ERARITJARITJAKA

Pressestimmen zu Eraritjaritjaka


»Heiner Goebbles „Eraritjaritjaka“… ist ein Stück Musiktheater, in dem Musik, Licht, Video, Literatur und Bühnenausstattung mit der großen und unprätentiösen Stimm- und Schauspielkunst des André Wilms eine Verbindung eingehen, die mehr Fragen horizonterweiternd in die Welt setzt als sie desillusionierend beantwortet… Ejaritjaritjaka ist technisch staunenswert perfekt gearbeitet, ein Netz aus Assoziationen, Musik und Museumssätzen, das eine ganze Welt umfängt. Es ist inhaltlich hoch verdichtet, dabei aber voller Zwischenräume, durch die sich die Gedanken frei bewegen können. Es ist vielgestaltig und sinnlich und leicht und freundlich… Vor allem aber ist Ejaritjaritjaka ein durch und durch persönliches Werk, dessen Privatheit durch technische Perfektion und die Allgemeingültigkeit des Herbeizitierens konterkariert wird. Auf das Eigenleben, das mit Hilfe unserer Wahrnehmungsarbeit, zwischen diesen Komponenten entsteht, verläßt sich Heiner Goebbels’ wunderbares Theater.«

Frankfurter Rundschau 18. September 2004


»Goebbels versucht, das Geheimnis unserer Realität zu entziffern, ohne es zu lüften. Es ist ihm gelungen.«

Frankfurter Allgemeine Zeitung


»…Endlich der Theatercoup, der die glücklicheren Zuschauer so unvorbereitet trifft, daß es ihnen den Atem verschlägt und einen Silberblick auf Realität und Fiktion aufnötigt…«

Frankfurter Neue Presse 18. September 2004



»…Wenn Wilms seinen Mantel nimmt und von der Kamera gefolgt aus dem Theater läuft, mit dem Auto in eine entfernte Wohnung fährt (was wir alles projiziert auf ein stilisiertes Haus sehen),während das Amsterdamer Mondriaan-Quartett weiterhin zu seinen Sätzen punktgenau spielt, wenn dann plötzlich in dem scheinbar zweidimensionalen Haus das Licht angeht und all das Filmgeschehen doch live und direkt vor uns auf der Bühne geschah – implodiert das Theater mit seiner Vorstellung von innen und außen. Dann sind Film und Bühne, live und aufgezeichnet nicht mehr zu unterscheiden. Wir bleiben außen und sind doch tief eingetaucht.«

Stuttgarter Zeitung 18. September 2004


»…Wie schon so oft setzt Heiner Goebbels auf eine Faszination des Bühnenvorgangs, auf eine Magie, wie sie im Theater schon lange unwiederbringlich verloren gegangen zu sein schien. Dieses „Museum der Sätze“, wie er „Eraritjaritjaka“ nennt, ist von einer außergewöhnlichen Schönheit, die den Zuschauer – glücklicherweise –nicht vereinnahmt, sondern Assoziationsräume offen hält.«

Offenbach-Post 18. September 2004

»…Realität und Fiktion überlagern sich auf rätselhafte Weise und werden so zum Spiegel einer Existenz auf schwankem Boden. Mit Hilfe von Klaus Grünberg (Licht) sowie Bruno Deville (Live-Video) ist Goebbels ein zugleich nachdenkliches wie humorvolles Stück Musiktheater gelungen, das nach eineinhalb Stunden ohne Pause vom Premierenpublikum begeistert gefeiert wurde.“

Darmstädter Echo 18. September 2004


Und nun beginnt der erstaunlichste Teil der gesamten Dramaturgie: Goebbels reisst die Wände ein, zieht seinen Darsteller weg von der Bühne, hinein in einen Strudel sich gegenseitig kommentierender Ebenen. Wilms nimmt Hut und Mantel und verlässt das Theater. Medienwechsel: Ein Vorhang öffnet sich, und das zuvor im Miniaturformat auf die Bühne gestellte Haus erscheint in voller Grösse. Zunächst als zweidimensionale Leinwand mit aufgemalten Fenstern, auf die das weitere Geschehen projiziert wird, später als riesenhafter Adventskalender, dessen Türchen sich allmählich öffnen und dabei den Blick in die Zimmer und auf den im Haus umherstreifenden Kameramann (Live-Video: Bruno Deville) freigeben. Dessen Beobachtungen führen uns hinter die Fassade.
Wir betreten ein Geisterhaus, eine spleenige Parallelwelt, konkret: die Wohnung einer dem Sinologen Kien, jenem pedantischen Büchernarr aus Canettis Roman «Die Blendung», nachempfundenen Figur. Deren Alltag, in all seiner akkurat orchestrierten Kleinlichkeit, mit all seinen intimen Verrichtungen und Bewegungen, verrückt und verzerrt die Kamera nun zu monströser Überdeutlichkeit. Am Schreibtisch durchmessen die Bleistifte ihren abgezirkelten Spielraum, eine Schreibmaschine klimpert ein paar Takte, und in der Küche steigern sich Schneebesen und Pfeffermühle zum Crescendo. Der einsame Esser verschlingt seine eigenen Spuren, sauber, appetit- und rückstandslos. Fenster öffnen sich und verdoppeln das Bild, Frauen- und Kinderstimmen aus dem Off geistern durchs Haus: Wir sind mitten im Film, umgeben von Bild- und Wortassoziationen, geblendet von kontrapunktisch angeordneten Text- und Musikcollagen. Doch wo genau sind wir? Befinden wir uns in einer von Jean Cocteau halluzinierten Unterwelt, oder ist es die groteske Pedanterie eines Jacques Tati, die jede Bewegung in unheimliche Ferne rückt?
Von der Bühne in den Film, vom Film zurück auf die Bühne: Figuren, Stimmen und Töne wechseln den Ort und das Medium, als sei die Grenzüberschreitung ihr eigentliches Ziel. Und alles geschieht mit wahrhaft somnambuler Leichtigkeit und Virtuosität, nichts ist vorhersehbar, doch alles völlig einleuchtend. Hätte das Wort «Genie» nicht einen so pompösen Unterton, hier wäre es durchaus mal am Platz.
Neue Zürcher Zeitung, April 2004