¯Zurück
 
Spielplan


Termine Kleines Haus:

26. / 30. November 2005
08. / 11. / 16. / 29. Dezember 2005
06. / 25. / 29. Januar 2006
04. / 23. Februar 2006
04. / 22. März 2006
12. April 2006
19. Mai 2006
09. / 24. Juni 2006

Bildergalerie (7 Bilder) />

Weitere Infos

Hauptartikel Blaubart - Hoffnung der Frauen />
Charles Perrault
Pressestimmen />

Weiterführende Links:

Dea Loher />

Zuschauer-Rezensionen lesen />

Blaubart – Hoffnung der Frauen

Charles Perrault


Es war einmal ein Ritter, der besaß viele Häuser in der Stadt und viele Schlösser auf dem Lande und silbernes und goldenes Tafelgeschirr und Möbel voll kostbarer Stickereien und vergoldete Karossen und Kasten voll Geld – aber er besaß auch einen blauen Bart, und das gab ihm ein so abstoßendes Aussehen, daß Weiber und Mädchen ihn weder leiden noch sehen mochten. Eine seiner Nachbarinnen, eine vornehme, aber arme Dame, hatte zwei sehr schöne Töchter. Er warb bei ihr, es der Mutter überlassend, welche von beiden sie ihm geben wolle. Er lud die Mutter und die Töchter samt einigen ihrer Freundinnen und mehrere junge änner auf eines seiner Schlösser, wo man sich durch acht Tage aufs angenehmste unterhielt. Kurz, nach acht Tagen fand die jüngere Schwester, daß der Bart ihres Wirtes nur bläulich, nicht blau, und daß er selbst im ganzen und großen ein höchst annehmbarer Ehemann sei. Wenige Wochen nach diesen Lustbarkeiten war Hochzeit. Nach Verlauf des Honigmondes sagte Blaubart zu seiner Frau: »Ich muß in sehr wichtiger Angelegenheit eine längere Reise machen. Hier übergebe ich dir die Schlüssel zu meinen Vorrats- und Schatzkammern. Gehe du überall hin, wohin es dir beliebt, öffne alle Türen, wie du willst, aber ich verbiete dir aufs strengste, in jenes kleine Kabinett einzutreten.« Sie versprach und beteuerte, seine Verordnungen aufs gewissenhafteste zu beobachten. Er umarmte sie zärtlich, stieg zu Roß und ritt davon. Die Nachbarinnen, Gevatterinnen und Freundinnen warteten nicht, bis man sie abholte. Kaum war Blaubart abgeritten, als sie schon herbeikamen, neugierig, wie sie waren, alle Reichtümer und Herrlichkeiten der jungen
Frau zu sehen. Da liefen sie nun voll Neugierde durch Zimmer und Zimmerchen, und manche beneidete die glückliche Blaubärtin.
Am wenigsten unterhielt sich bei all dem die Beneidete, die Frau des Hauses selbst. Die Neugierde verzehrte sie, und am Ende hielt sie
es nicht länger aus und schlüpfte über die verborgene Wendeltreppe schnell hinab. Erst vor der Türe des kleinen Kabinetts kam sie
einigermaßen zur Besinnung. Aber die Versuchung war zu groß, und schon hatte sie, obwohl zitternd, die Türe geöffnet. Zuerst sah sie nichts, gar nichts, weil die Fenster geschlossen waren. Nach einigen Minuten sah sie, daß der Boden mit geronnenem Blut bedeckt war und in dem Zimmer tote Frauen lagen. Es waren das die Frauen, die Blaubart früher geheiratet und die er alle, eine nach der
andern, umgebracht hatte. Sie war halb tot vor Schrecken, und das Schlüsselchen, das sie aus dem Schlosse gezogen, entfiel ihren
Händen. Nachdem sie sich wieder gefaßt, hob sie das Schlüsselchen auf, schloß die Türe und lief in ihr Zimmer, um sich zu sammeln und von ihrem Schrecken zu erholen. Da sie bemerkte, daß das Schlüsselchen mit Blut befleckt war, wischte sie es zwei- und dreimal ab, aber das Blut wollte nicht weichen, denn der Schlüssel
war ein Zauberschlüssel, da half nichts. Blaubart kehrte noch am selben Abend von der Reise zurück. Am nächsten Morgen verlangte er die Schlüssel zurück. Sie übergab sie ihm, aber mit so arg bebenden Händen, daß er leicht erriet, was geschehen war. »Wie kommt Blut an diesen Schlüssel?« »Ich weiß es nicht«, antwortete das arme Weib, blaß wie der Tod. »Du weißt es nicht«, schrie Blaubart, »ich aber weiß es, ich! Du wolltest in das Kabinett! Nun wohl, du sollst deinen Willen
haben, du wirst hineinkommen und deinen Platz einnehmen neben den Damen, die du dort zu sehen das Vergnügen hattest.« Dann griff er mit einer Hand in ihr Haar, mit der andern schwang er das große Messer, um ihr den Kopf abzuschneiden. In diesem Augenblick schlug man so gewaltig an die Tür, daß Blaubart stutzte. Zwei Ritter mit gezückten
Schwertern traten ein und stürzten sich geradenwegs auf Blaubart. Er erkannte die Brüder seiner Frau und wollte auf und davon gehen, aber die Brüder stießen ihm die Degen mitten durch den Leib und streckten ihn tot hin. Die arme Frau, die fast ebenso tot war wie ihr Gatte, hatte kaum Kraft genug, um sich zu erheben und ihre Brüder zu begrüßen.
Blaubart hatte keine Anverwandten, und so fiel die ganze Erbschaft seiner Frau zu. Einen Teil ihres ungeheuren Vermögens gab sie
ihrer Schwester. Einen anderen Teil überließ sie ihren Brüdern und den Rest brachte sie einem soliden Manne zu, an dessen Seite sie
im Glücke die schweren Stunden ihrer kurzen Ehe mit Blaubart vergaß.

(gekürzt)