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12. Februar 2005

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Im Gespräch: Matthias von Hartz />
Presseerklärung über den Kongreß: Zusatzveranstaltungen etc.

Schöner wär's wenn's schöner wär - der Kongreß

Presseerklärung über den Kongreß: Zusatzveranstaltungen etc.


// Schöner wär’s, wenn’s schöner wär – der Kongreß
/ Kunst, Theorie und Praxis des Widerstands

/ ab Freitag 4. februar bis 12. Februar 2005
DVD-Projektion (Banker-Interviews) von Armin Chodzinski an der Außenfassade

/ Mittwoch 9. Februar 2005
"Reverend Billy and the Church of Stop Shopping"
Orfeos Erben, Dokumentarfim

/ Donnerstag und Freitag 10. und 11.2.2005
"The Bank of Burning Money"
Kundenwerbungsaktion in der Innenstadt
Geheimagentur
Aktion in der Innenstadt
Do 15-18 Uhr
Fr 12-14 und 16-18 Uhr

/ Reverend Billy in der Innenstadt
Donnerstag 19 Uhr Treffpunkt Hauptwache

/ 12. Februar 2005 / ab 15 Uhr Workshops und Radiointervention
/ ab 19 Uhr Performances, Widerstandsmesse, Vorträge, Installationen, Schmalclub
/ Kurator: Matthias von Hartz
/ Ausstattung: Michael Böhler und Sabrina Henssen sowie Heiner Blum (Schleifen)
Schleifen ist eine Produktion von Heiner Blum und dem Ballett Frankfurt in Koproduktion mit dem Museum für Moderne Kunst und Group IE.

Was ist denn nun? Mit dem Widerstand? Völlig aus der Mode gekommen. Nur was für junge Leute, und auch die haben keine wirkliche Lust mehr. 90er-Jahre-Liberalität, New Economy, Globalisierung und die anderen Ausreden haben endgültig dafür gesorgt, daß keiner mehr glaubt, man könne noch dagegen sein. Leben wird täglich weiter ökonomisiert, und die Reaktion darauf ist weitgehende Ratlosigkeit. Obwohl’s schon schöner wär, wenn’s schöner wär.

Ab Februar gibt es keine Entschuldigungen mehr: Gäste aus aller Welt verraten Ihnen die besten Strategien, bringen Ihnen die besten Tricks bei. Sie können basteln, mittanzen oder einfach nur zuhören. Auf jeden Fall wird es dabei schöner werden. Und Spaß machen. Denn Widerstand ist nicht nur nötig, sondern auch möglich und manchmal sogar lustig.

/ Politik, Performances, Thesen und Tanzen

Wir haben internationale Gäste aus Kunst, Theorie und Praxis nach Frankfurt eingeladen. Sie werden uns in Performances, Interventionen, Vorträgen, Installationen und an Stammtischen vermitteln wie und wo dagegen sein heute wichtig sein könnte. Und schön.

Ein künstlerischer Kongress mit amerikanischen Predigern und Soziologen, spanischen Aktivisten, Künstlern aus vielen europäischen Ländern. Ein Nachmittag mit Reverend Billy, der Tagesfiliale Köbberling, dem Bureau of Inverse Technology und einer Radiointervention von LIGNA. Ein Abend mit Vorträgen von Saskia Sassen und John Bock, Videos und Tänzen von Armin Chodzinski, Videoschnipseln von Jürgen Kuttner, der „Schleife“ von Heiner Blum, Performances von Deutschbauer/Spring und Schauspielern des Ensembles. Und einer Geldverbrennungsshow von der Geheimagentur. Nicht zuletzt, aber irgendwie doch zum Schluß: eine Nacht mit dem Schmalclub.

/ Programm

/ Nachmittag

Am Nachmittag werden wir verschiedene widerständige Workshops anbieten. Reverend Billy wird in die Praktiken der Church of Stop Shopping einführen, YoMango aus Barcelona in die Techniken der Befreiung von Glück aus Produkten und erfahrene Aktivisten aus Deutschland in die Methoden des gewaltfreien Widerstands.

Folke Köbberling wird in einer Schulung den Verkauf von Widerstand vermitteln. Das Elektronikgeschäft ihres Vaters in Kassel mußte wegen der Nachbarschaft zu mehreren großen Elektronikmärkten 2002 schließen. Nun führt sie das Geschäft in Form der mobilen Verkaufseinheit Tagesfiliale Köbberling erfolgreich weiter und verkauft die Reste. Sie hat sich spezialisiert: Ihr einziges Produkt ist Widerstand.

YOMANGO [Mango ist eine beliebte spanische Ladenkette für Bekleidung. YO MANGO bedeutet in der spanischen Umgangssprache: Ich stehle.] ist ein Markenname. Wie bei allen wichtigen Marken ist auch das Hauptziel von Yomango nicht der Verkauf von Dingen, sondern die Massenwerbung für einen Lebensstil. In diesem Falle ein Lebensstil der sich die Befreiung des Glücks aus den Produkten zum Ziel gesetzt hat. Ein Markenname, der allen gehört, geboren aus dem Gemeineigentum und für das Gemeineigentum. Denk dran: YOMANGO, nur in deinem nächsten Konzern.

LIGNA machen schon immer die interessanteste Radiosendung im Freien Sender Kombinat Hamburg. Seit zwei Jahren produzieren sie auch immer wieder ein Radioballett im öffentlichen Raum. Im Schauspiel werden Radios ausgegeben, und ein vorproduziertes Hörspiel sagt den Hörern dann, was sie machen sollen. In Frankfurt wird es um die Anomalisierung des öffentlichen Raumes gehen: Welche impliziten Regeln herrschen für das Verhalten in der Innenstadt, und wie kann man sie durchbrechen?

/ Abend

Das Abendprogramm besteht aus Programmpunkten, die sich in unterschiedlichster Form und auch mit unterschiedlichen Zielen mit Widerstand beschäftigen werden. Die Palette reicht dabei von ernsthaften wissenschaftlichen Vorträgen über Theater, Performance-Lectures und Installationen bis zu Aktionismus.

Die Soziologin Saskia Sassen ist eine der wichtigsten kritischen Denkerinnen im Globalisierungsprozess. Sie ist Professorin an der University of Chicago und an der London School of Economics (LSE). Zu ihren letzten Publikationen gehören Global Networks/Linked Cities und Denationalization: Economy and Polity in a Global Digital Age. Sie schreibt regelmäßig für viele internationale Zeitungen. In Frankfurt wird sie über „Die Macht der Angst“ und die Bedingungen für Widerstand in unseren aktuellen demokratischen Gesellschaften sprechen.

Reverend Billy kommt aus Brooklyn, wo er die „Church of Stop Shopping“ leitet. Im Stil eines fundamentalischen christlichen Fernsehpredigers kämpft er gegen die totalitäre Religion des Konsumismus und erweckt in der versammelten Gemeinde die Widerstandskräfte von Konsumenten und Bürgern. Reverend Billy war einer der wichtigsten Protagonisten im New Yorker Protest gegen die Republican Convention („Politik ist der neue Sex“ SZ vom 26.8.04) und unterrichtet politische Performance an verschiedenen amerikanischen Universitäten.

Die Wiener Künstler Julius Deutschbauer und Gerhard Spring betreiben nicht nur die Bibliothek der ungelesenen Bücher, machen die besten Plakate der Alpenrepublik und haben in den letzten Jahren immer wieder stellvertretend für die Politiker Schüssel und Morak große Kulturveran-taltungen eröffnet. Seit Herbst bieten sie in der Wiener Kunsthalle auch einen Kurs Politisch für Künstler – in 12 Lektionen an. In Frankfurt werden sie uns die Lektionen „Widerstand“ und „Macht“ erteilen.
Armin Chodzinski studierte Freie Kunst an der HBK Braunschweig und arbeitete danach als Projektberater in der Unternehmensentwicklung eines großen Handelsunternehmens und Assistent der Geschäftsleitung. In den fünf Jahren dort führte er unter anderem den Relaunch einer großen deutschen Supermarktkette durch. Heute lebt und arbeitet er als selbständiger Künstler und Unternehmensberater in Hamburg. Seit Monaten unterhält er sich mit Frankfurter Bänkern darüber, wie schön es hier ist. Sie werden ihm für den Abend Aufträge geben, die der „Künstler als Dienstleister“ umsetzen wird.

Empire des italienischen Philosophen Toni Negri und des amerikanischen Literaturwissenschaftlers Michael Hardt ist eines der meistdiskutierten Bücher des Globalisierungsdiskurses. Darin haben die beiden ihre Theorie der Multitude als der Summe aller widerständigen Einheiten formuliert und eines der wichtigsten Erklärungsmodelle der neuen globalen Realität entwickelt. Florian Schneider hat sie für einen arte-Themenabend über Aktivismus heute besucht und die entscheidende Frage gestellt: Was tun? Im Schauspiel werden die beiden in einer Video-Installation die grundsätzlichen Antworten geben.

„Ich stehe hier und rede wie ein Besessener“: Jürgen Kuttner erklärt die Welt. Das macht er in Berlin bereits seit Jahren im Theater. Mittlerweile gehören seine Videoschnipselvorträge zum Kern dessen, was den Mythos vom Prenzlauer Berg im Innersten zusammenhält. Kuttner ist Mitbegründer der „Bolschewistischen Kurkapelle Schwarz-Rot“, Moderator bei Fritz und der interessanteste Videovorführer von allen. In Frankfurt wird er wie die anderen dagegen sein und das anhand „historischer Videoausschnitte“ auch in den einzig wahren Kontext stellen. Vermutlich werden wir dabei das ein oder andere mal lachen müssen.

Die Geste des Geldverbrennens ruft wie keine andere die Frage nach dem ‚wozu?’ auf den Plan. Antworten gibt es viele: Geld wird verbrannt, um den Ahnen zu opfern, um den Fetisch der Ware anzugreifen, um sich Aufmerksamkeit zu erkaufen oder sogar um damit noch mehr Geld zu verdienen. Außerdem: Geld erinnert einen ständig daran, wie man zu ihm steht. Das nervt. Da kann man schon mal durchdrehen. Aber kann Geldverbrennen heute eine Form politischen Handelns sein? Hilft uns das, einen Fluchtweg aus der Logik der Verknappung zu finden? In ihrer Show Asche zu Asche stellt die Geheimagentur Modelle des Geldverbrennens aus Religion, Wirtschaft, Kunst und Politik vor und fordert zur Nachahmung auf.

Zwischen all den verschiedenen theoretischen und praktischen Widerstandsprojekten wird es einen sinnlichen Raum geben, der Widerstand gleichzeitig unmöglich macht und erst möglich: Die Installation Schleifen von Heiner Blum. Bereits vor zwei Jahren hat diese Installation Schlangen am Willy-Brandt-Platz ausgelöst. „In Blums Schleifen nehmen wir mit allen Sinnen wahr: mit den Augen, mit den Ohren, mit unserer Bewegung, unserem Fühlen. Die Schleifen sind eine grundlegende Allegorie des Wegs nach innen, in sich selbst. Man hat das Gefühl, man geht immer geradeaus, dabei bewegt man sich in einem engen Feld. Von den Schleifen geht geradezu ein Sog aus. Das von Heiner Blum gewählte Rot zieht uns an, drängt uns weiter, lädt uns auf. Farbe, Licht und Musik wirken beinahe magisch. Es gibt keine Kanten, alles ist rund, so entsteht das Gefühl, als befände man sich in einem riesigen Raum. Der Raum öffnet sich durch seine klare Form. Jeder, der die Raumskulptur von Heiner Blum betritt, geht ein Zeichen. Auch der Tanz zeichnet eine Figur. Eine Choreographie für jedermann.“ (William Forsythe)

An unseren Experten-Stammtischen werden schließlich all die Leute sitzen, mit denen sie schon immer mal über Widerstand, Schönheit und das Leben sprechen wollten. Neben den Theoretikern, Künstlern und Aktivisten die sie an anderer Stelle unseres Abends gesehen haben, werden sie weitere Experten finden. Dazu gehören unter anderem ein Rosenzüchter, ein Dozent für Chinesische Philosophie und Medizin, einer von Deutschlands bekanntesten Schönheitschirurgen, der Personal Trainer von Frankfurts Reichen und Schönen. Sie alle haben ihre ganz spezielle Sicht auf Schönheit und Widerstand und werden gerne mit Ihnen an unseren Stammtischen sprechen und trinken.
Auf unserer Widerstandsmesse werden Gäste aus dem In- und Ausland intelligente Widerstandsprodukte ausstellen. Sie finden es schön, daß man hier in Ruhe widerständig an der gesellschaftlichen Verschönerung arbeiten kann. Adbusters aus Kanada verschönern Werbung in aller Welt, Yomango aus Spanien den Einkauf, Deportation Class verschönert die das Angebot von Fluggesellschaften, das Londoner Bureau of Inverse Technology baut Umrüstsätze für Roboter-Hunde.

Und natürlich wird es den einzigen subversiven SCHMALCLUB der Welt und aller Zeiten geben. Den ganzen Abend schon, aber vor allem später. Geht da hin, die anderen kommen auch.