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Spielplan


Termine schmidtstrasse12:

28. / 29. April 2005
07. / 20. / 27. Mai 2005
03. Juni 2005
14. / 15. / 22. / 29. Oktober 2005
03. / 04. November 2005
17. Dezember 2005

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Weitere Infos

Pressestimmen />

Plattform

/ Ein Projekt nach dem Roman von Michel Houllebecq
Dauer 1h 10 min

Regie: Peter Kastenmüller; Raum: Annette Riedel, Natascha von Steiger; Kostüme: Nadine Grellinger; Musik: Matthias Görig, Tobias Yves Zintel; Video: Matthias Görig, Tobias Yves Zintel; Dramaturgie: Sibylle Baschung; Darsteller: Hilke Altefrohne, Rainer Frank, Robert Kuchenbuch, Gunnar Teuber


Sie wollen reisen?
Klar. Jeder will das. Michel, ein farbloser Beamter ohne Ehrgeiz und soziale Bindungen, verspricht sich von seinem Pauschaltrip nach Thailand vor allem eines: sexuelle Erfüllung. Mit ihm unterwegs ist Valérie, Top-Managerin einer Tourismusagentur. Zurück im tristen Paris werden die beiden ein Paar und erleben zum ersten und einzigen Mal eine Liebe voller Leidenschaft und Obsessionen. Die ideale Tauschsituation.
Um der angeschlagenen Tourismusbranche auf die Beine zu helfen, entwickeln sie eine programmatische Plattform zur globalen Mehrung von Glück und Wohlstand: professionelle Sexclubs in paradiesischen Urlaubsdestinationen, in denen sich westliche Touristen die Dienste derer erkaufen können, die nichts mehr haben als ihren Körper und ihre intakte Sexualität. Diese ist der Mehrheit der kapitalistischen Welt abhanden gekommen, lautet Michels Diagnose, und damit die letzte Chance auf intime Glücksmomente und Erfüllung. Die Sexualität hält Einzug in die globale Marktwirtschaft. Jeder gibt, was er hat: die einen Geld, die anderen ihren Körper. Die ideale Tauschsituation.
Verrückt? Abartig? Pervers? Oder schlicht die Konsequenz aus vorherrschenden Denkmustern und Verhaltensweisen?
Ein terroristischer Anschlag zerstört ihre Pläne.

"Und genau das haben die Menschen in unseren Breiten verlernt, sie können ihren Körper nicht mehr einem anderen Menschen als schönes Geschenk darbieten und ihm ganz einfach Lust verschaffen, ohne etwas dafür zu erwarten. Sie haben den Sinn für das Geben völlig verloren. Sie können sich noch so anstrengen, es gelingt ihnen einfach nicht mehr, Sex als etwas Natürliches zu empfinden. Sie schämen sich nicht nur ihres eigenen Körpers, der nicht an den Standard der Pornofilme herankommt, sondern aus den gleichen Gründen fühlen sie sich überhaupt nicht mehr vom Körper des anderen angezogen. Miteinander zu schlafen geht nicht ohne eine gewisse Selbstaufgabe und ohne wenigstens vorübergehend einen Zustand der Abhängigkeit und der Schwäche hinzunehmen. Der Gefühlsüberschwang und die sexuelle Zwangsvorstellung sind gleichen Ursprungs, beide beruhen darauf, daß man sich wenigstens zum Teil selbst vergisst; das ist kein Bereich, in dem wir uns verwirklichen können, ohne uns zu verlieren. Wir sind gefühlskalt und rational geworden, legen höchsten Wert auf unsere individuelle Existenz und unsere Anrechte, wir möchten vor allem Entfremdung und Abhängigkeit vermeiden; außerdem sind wir von Gesundheit und Hygiene besessen. Das sind nicht gerade Idealbedingungen für das Liebesspiel."

Michel Houellebecq: Plattform. Rowohlt, Reinbek bei Hamburg, 2003