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Spielplan


Termine :

11. April 2006

Termine Glas Haus:

01. / 22. November 2005
06. Dezember 2005
21. / 28. März 2006
02. Mai 2006

DenkDramen

/ Philosophische Dialoge auf der Bühne
/ Kurator: Werner Hamacher
/ Acht Dienstagabende
/ Glas Haus
/ mit SchauspielerInnen von schauspielfrankfurt




Meinung. Haltung. Handlung. Seit es die Philosophie gibt, wird der fürchterliche Stabilitätspakt, den diese und ähnliche Begriffe unterhalten, in eine dramatische Denkbewegung versetzt.
Die DenkDramen bieten eine Auwahl aus den Dialogen von Platon bis Derrida.
Zum Mitdenken. Zum Nachdenken. Zum Fühlen.

Die im letzten Jahr gestartete Reihe DenkDramen, in der philosophische Dialoge gelesen werden, hat regen Zuspruch erfahren. Geleitet von der Vermutung, daß die Menschen mehr und mehr von der oberflächlichen und läppischen Welt der Talkshows, des Politikergeredes oder des Werbegesäusels gelangweilt und unbefriedigt
sind, wurde diese Reihe von Elisabeth Schweeger und Werner Hamacher ins Leben gerufen. Der Dialog als ur-theatrale Form hat in der Philosophie durchaus Tradition. Die berühmten Gespräche des Sokrates sind hierfür ein prominentes Beispiel. Doch gibt es zahlreiche Philosophen mehr, die diese Form
der intellektuellen Auseinandersetzung gewählt und gepflegt haben. Es ist für ein Theater äußerst reizvoll, die philosophischen Denkweisen mit der Schauspielkunst zu verbinden. Lesen ist nicht gleich Lesen. Der Schauspieler muß sich in die Texte versenken, muß Entdeckungen machen wollen und auch sich selbst befragen. Philosophische Texte sind oft radikal, obschon sie stilistisch nicht
so erscheinen mögen. Insofern war die bisherige Arbeit an den Texten für alle Beteiligten reizvoll und gewinnbringend,
was wir hoffentlich den Zuhörern unserer Reihe weitergeben können. Nach Texten von Maurice Blanchot, Paul Valéry, Carl Schmitt und Michel Foucault stehen im März philosophische Dialoge von Gottfried Wilhelm Leibniz und Martin Heidegger auf dem Programm der DenkDramen.

Was eine Welt sein könnte, getraut sich niemand mehr zu sagen außer den Ökonomen der Globalisierung. Aber für sie gibt es keine
Welt, sondern nur Standorte. Was Erkennen, Handeln, Urteilen sein könnten, ist eine Sache von Spezialdisziplinen und ihren Anwendungsagenturen geworden, die sich prinzipiell darüber einig sind, daß sich alle Probleme auf Standpunkte reduzieren lassen, und daß Standpunkte, einmal festgestellt, vermittelt werden sollten. Standorte, Gegenstände, Standpunkte – seit es Philosophie gibt, wird der fürchterliche Stabiltätspakt, den diese und ähnliche Begriffe
unterhalten, in eine dramatische Denkbewegung versetzt. Eine der Formen, in denen sich diese Bewegung am deutlichsten präsentiert, ist der philosophische Dialog.
Eine Auswahl aus den Denkdramen, die von Platon bis Derrida verfaßt worden sind, wird in acht Lesungen pro Saison dargeboten
– zum Mitdenken, zum Nachdenken, zum Denken. Ohne Theater, im Theater.

/ Dienstag, 1. November 2005 / 19.00 Uhr / Glas Haus

/ Maurice Blanchot:
/ Erkenntnis des Unbekannten / Das Versprechen halten

/ Erkenntnis des Unbekannten

In diesem Text umkreist Blanchot die Frage nach dem Unbekannten, dem Anderen, dem Fremden, das sich weder begrifflich noch durch andere Formen zeichenhafter Vergegenwärtigung fassen lässt. Hier nimmt er Stellung gegen die Ansätze Satres’ und C amus’ und entwickelt ein Modell, das später Jaques Derrida nicht unerheblich beeinflussen sollte.

/ Das Versprechen halten

Hauptthema dieses Dialogs ist die Suche nach einem Sprechen, das weder einen Dialog noch ein andere Form rhetorischer Vereinnahmung des anderen darstellt.“ Ein anderes Sprechen als jedes schon gesagtes Sprechen und dadurch immer neu, nie verstanden: eben Sprechen ohne Einverständnis und dem ich trotzdem antworten muß.“

Maurice Blanchot
*22.September 1907 in Quain/Frankreich, +20.Februar 2003 bei Versailles/Frankreich
Arbeitsgebiete: Gedicht, Erzählung, Essay, Roman

Es lesen: Matthias Max Herrmann, Rainer Frank, Robert Kuchenbuch, Jan Neumann

/ Dienstag, 22. November 2005 / 19.00 Uhr / Glas Haus

Carl Schmitt: Gespräch über Macht und Zugang zum Machthaber
Michel Foucault: Dits et Ecrits: Dialog über Macht / Gespräch mit Michel Foucault

Es lesen: Rainer Frank, Peter Kroher, Robert Kuchenbuch, Jan Neumann und Elisabeth Schweeger

"Gespräch über die Macht und den Zugang zum Machthaber" : Carl Schmitt verstand diesen Dialog, den er 1954 für den Hessischen Rundfunk verfaßt hat, als Weiterführung von Gedanken, die er 1947 als Angeklagter im Nürnberger Prozeß zu entwickeln genötigt war. Jenseits ihrer damals aktuellen, und noch heute nicht inaktuellen Funktion als Verteidigungsschrift, geht es darin um Macht als eigenständige technische Größe und als einen politischen Mehrwert, der sie von jeder moralischen, insbesondere konsensmoralischen Fundierung abhebt. „Macht ist mehr als die Summe aller Zustimmungen, die sie erhält, und mehr auch als ihr Produkt.“

"Gespräch über die Macht"
Dies Gespräch wurde im Mai 1975 zwischen Michel Foucault und Studenten des Pomona College in Californien geführt. Foucault erläutert darin die Beziehung zwischen Macht und dem, was er „Diskurs“ nennt, beschreibt das von Bentham entworfene panoptische Gefängnis als Modell eines integrativen Machtsystems, auf das unsere Gesellschaft sich noch heute stützt, und skizziert sein Projekt einer Archäologie aktueller Machtereignisse.


/ Dienstag, 6. Dezember 2005 / 19.00 Uhr / Glas Haus

Paul Valéry: Die fixe Idee

Es lesen: Robert Kuchenbuch und Jan Neumann

Paul Valéry war nicht nur Schüler und Freund von Stéphane Mallarmé, des sprachzugewandtesten unter den französischen Schriftstellern des 19. Jahrhunderts, er hat sich auch sein Leben lang akribisch wie kaum ein zweiter mit der Mathematik und den Naturwissenschaften seiner Zeit befaßt. An der Doppelbegabung des Künstlers und Ingenieurs Leonardo hat er schon früh den Zusammenhang zwischen exakten Wissenschaften und künstlerischer Praxis aufzuklären versucht. „Die fixe Idee“, ein Dialogtext, den Valéry 1932 seinen Freunden unter der Ärzteschaft gewidmet hat, geht demselben Zusammenhang zwischen wissenschaftlicher und künstlerischer Tätigkeit nach – und konzentriert sich dabei auf die gemeinsame Stelle, an der beide, vor Erschöpfung oder zur Erholung, aussetzen. Die Überlegungen der zwei Männer am Meer, des Dichters und eines befreundeten Arztes, über Phänomene wie Müdigkeit und Hyperaktivität, Ordnung und Unordnung, Wahnsinn und Normalität, Körper und Geist führen, ähnlich wie Valérys Leonardo-Essays und sein „Monsieur Teste“, zu einer Theorie der Virtualität, die sowohl natur- wie geisteswissenschaftliche Annahmen in Frage stellen und auflösen soll.

Der Text von Paul Valéry (1871–1945) wird, um etwa die Hälfte gekürzt, in der Übersetzung von Franz Wurm geboten, die 1965 bei Suhrkamp und 1990 im 2. Band der „Werke“ bei Insel erschienen ist.

/ Dienstag, 21. März 2006 / 19.00 Uhr / Glas Haus
/ Gottfried Wilhelm Leibniz: Philosophische Konfession. Ein Dialog.
/ Es lesen: Oliver Kraushaar und Peter Kroher
/ Gottfried Wilhelm Leibniz (*1646 in Leipzig; † 14. November 1716 in Hannover) war einer der größten Denker seiner Zeit vor. Ein Universalgenie, der nicht nur als Philosoph berühmt war, sondern auch als Wissenschaftler, Mathematiker und Historiker. Der für die // DenkDramen ausgewählte Dialog: „Confessio Philosophi“ enthält beinahe alle Themen, die für das Leibnizsche Denken bedeutsam wurden und kann sowohl als Einführung wie auch als Konzentrat seiner wichtigsten philosophischen Thesen gelten.

/ Dienstag, 28. März 2006 / 19.00 Uhr / Glas Haus
/ Martin Heidegger: Zur Erörterung der Gelassenheit. Aus einem Feldweggespräch
über das Denken.
/ Es lesen die Ensemblemitglieder Oliver Kraushaar, Sven Prietz und Stefko Hanushevsky

Martin Heidegger, einer der bedeutendsten und einflußreichsten Philosophen des 20. Jahrhunderts. Sein Werk „Sein und Zeit“ hat in Philosophenkreisen, aber auch in anderen geisteswissenschaftlichen Disziplinen Furore gemacht. Der philosophische Dialog Gelassenheit aus den Feldweggesprächen resümiert noch einmal Heideggers „Lehre vom Sein“. Er dokumentiert Heideggers sogenannte „Kehre“, welche einen Perspektivenwechsel vom existenziellen menschlichen Dasein als dem Hauptaspekt seines Denkens zu der Frage nach dem Sein bezeichnet. In konzentrierter Form und mit den Heidegger eigenen Sprachneuschöpfungen wird versucht, die Seinsfrage in einen Erkenntnishorizont zu rücken, von dem aus sich das „Wesen der Wahrheit“ offenbart.

/ Dienstag, 11. April 2006 / 19.00 Uhr /
Glas Haus

/ Texte von Jacques Derrida und Élisabeth Roudinesco
/ Der Geist der Revolution
/ Lob der Psychoanalyse
/ Es lesen Sascha Ö. Soydan und Peter Kroher

/ Dienstag, 2. Mai 2006 / 19.00 Uhr /
Glas Haus

/ Emanuel Levinas
/ Ethik und Unendliches
/ Es lesen: Anne Müller und Peter Kroher

EMMANUEL LEVINAS im Gespräch mit Philippe Nemo : ETHIK UND UNENDLICHES
Interview mit einem Philosophen: Die Gespräche, die Philippe Nemo mit Emmanuel Levinas geführt hat, sind Anfang 1981 von Radio France-Culture ausgestrahlt und ein Jahr später in Buchform veröffentlicht worden. Sie stellen die einfachste und zugleich die persönlichste Einführung in das philosophische Werk von Levinas dar, der von seinen ersten selbständigen Untersuchungen an das Primat der Ontologie in Frage gestellt und gegen die gesamte philosophische Tradition – aber doch zum Teil mit vor ihr vorbereiteten Argumenten – die Ethik als philosophia prima zur Geltung zu bringen versucht hat. Die Gespräche folgen chronologisch der Entwicklung des Denkens von Levinas von De l´existence à l´existant (1947; dt: Vom Sein zum Seienden, 1997), das er zwischen 1940 und 45 in einem deutschen Kriegsgefangenen-lager bei Fallingbostel geschrieben hat, über Totalité et Infini (1961; dt: Totalität und Unendlichkeit, 1987) bis hin zu seinem letzten, komplexesten Hauptwerk Autrement qu´ être ou au-delà de l´essence (1974; dt: Jenseits des Seins oder Anders als Sein geschieht, 1992). Levinas, der 1928 und 29 bei Husserl und Heidegger studiert hat, schließt in seinen Arbeiten kritisch an seine Lehrer an, bietet aber in seinen Analysen des „Anderen“ eine radikale Alternative zur Phänomenologie und zum obsessiven Thematismus der Philosophie insgesamt.

Der Text der Gespräche mit Emmanuel Levinas (1906-1995) wird, um die Hälfte gekürzt, in der Übersetzung von Dorothea Schmidt geboten, die im Passagen Verlag , Wien 1986, erschienen ist.