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Spielplan


Termine Großes Haus:

06. Februar 2003

Bernarda Albas Haus

von Federico Garcia Lorca / in persischer Sprache mit Simultanübersetzung / 6.Februar 2003 / 20.00 Uhr
Regie: Roberto Ciulli / Bühne: Gralf-Edzard Habben / Choreographie: Wara Cajias / Kostüme: Samira Sinai





Mit: Hashempour, Mahjoor, Mehrabi, Nujumi, Panahiha, Sepahmansour, Tahmasebi, Tehrani, Teymurian

Übersetzung Najjaf Darya-Bandari / Koproduktion Dramatic Arts Center, Teheran / Theater an der Ruhr

Die erst kürzlich verwitwete Bernarda Alba verordnet ihren fünf erwachsenen Töchtern acht Jahre strenge Trauer. Keine von ihnen ist verheiratet und sie leiden unter der tyrannischen Herrschaft ihrer Mutter. Nur Angustias, die älteste unter ihnen, darf mit Pepe el Romano eine Beziehung eingehen. Ihn liebt aber auch Adela, die Jüngste.
Eine betrügerische Ruhe herrscht kurz vor der Hochzeit im Haus. Als Adela bei einem heimlichen Treffen mit Pepe erwischt wird, schießt die Mutter auf ihn. Adela glaubt irrtümlich, er sei getötet worden und begeht Selbstmord.


„Bernarda Albas Haus“, Lorcas Stück von 1936 über eine archaisch-patriarchalische Gesellschaft, sieht so aus, als sei es eben erst, und zwar für den Iran, geschrieben worden. Nach dem Tod ihres Mannes verordnet die strenge Witwe Bernarda ihren fünf Töchtern Trauer – und so das Verschleiern und Trauertragen, acht Jahre lang. Und weil sich dieses Frauenstück um einen abwesenden Mann dreht, der die Lust und die Sehnsucht weckt, bebt bald jeder Satz auf dieser Bühne. Adela, die jüngste Tochter sagt: „ich lasse mich nicht länger einsperren. Ich will nicht alt und runzlig werden wie ihr. Dazu ist mir meine Haut zu schade. Morgen ziehe ich mein grünes Kleid an und gehe auf die Straße. Ich will raus hier!“ Doch Bernarda zischt: „Das Kopftuch bleibt.“ (SZ)

„Durch intelligente und auch lustvolle Gratwanderungen am Rande des im Iran Möglichen erhält Ciullis Inszenierung eine vibrierende Spannung.“
(Die Welt)


Diese Produktion ist das Ergebnis einer langjährigen Zusammenarbeit zwischen dem Dramatic Arts Center des iranischen Kultusministeriums und dem Theater an der Ruhr und ist die erste deutsch-iranische Koproduktion seit über 20 Jahren.
1996 reiste Roberto Ciulli zum ersten Mal in den Iran, um die Möglichkeiten eines Austausches zu erkunden. Doch damals, noch unter der Regierung von Rafsandjani erschien das als ein unmögliches Unterfangen. Doch seit der Wahl Khatamis zum Staatspräsident 1997 hat sich vieles geändert. Schon ein Jahr später gastierten mehrere iranische Theatergruppen in Mülheim und das Theater an der Ruhr war 1999 das erste westliche Ensemble, das seit der Islamischen Revolution vor 23 Jahren dort auftrat. Dreimal in Folge gastierte es beim alljährlichen Theaterfestival Fadjr und in diesem Jahr inszenierte Ciulli mit einem kleinen Team des Theater an der Ruhr mit iranischen Schauspielerinnen Lorca´s „Bernarda Albas Haus“ in Teheran. Premiere war dort am 27. Januar 2002.

„Alle Theaterangelegenheiten des Landes werden zentral druch das Dramatic Arts Center geregelt. Es ist eine Unterabteilung des Ministeriums für Kultur und Islamische Führung. Das Dramatic Arts Cente richtet auch das alljährlich stattfindende Festival Fadjr aus, Madjid Sharifkhodaie ist von beiden der Leiter. Jedes Stück, das im Iran auf einer Bühne zu sehen ist, muss von diesem Zentrum genehmigt werden. Die Teilnahme am Fadjr Festival ist nahezu die einzige Möglichkeit, im Laufe des Jahres Vorstellungen geben zu können. Die Gruppen, die sich meist nur für eine Produktion zusammenschließen, bewerben sich mit einem Text beim Dramatic Arts Center. Findet der Gefallen, bekommen sie einen Probenraum zugewiesen, aber noch keine finanzielle Unterstützung. Nach einigen Wochen stellen sie ihre Arbeit einer Jury vor, die darüber entscheidet, wer zum Festival eingeladen wird. Daraufhin erhalten sie eine kleine Summe. Erst nach dem Festival teilgenommen hat, die Chance, ihre Vorstellungen in einem der offiziellen Theatersäle zu spielen, üblicherweise 30 Mal en suite. Die Theatersaison ist ganzjährig, bis auf zwei Wochen Ferien nach dem großen Neujahrsfest am 21.März. Meistens sind die Schauspieler in mehreren Produktionen gleichzeitig tätig. Das hat auch finanzielle Gründe, denn die Theatermacher werden nur pro Produktion bezahlt.“ Annette Heilmann, Theater der Zeit, April 2002



Roberto Ciulli (Jahrgang 1934), geboren in Mailand, promovierter Philosoph, gründete mit 26 Jahren das Theater II Globo in Mailand und arbeitet seit über 30 Jahren in Deutschland. Er inszenierte an Theatern in Göttingen, Berlin, Düsseldorf und Köln, wo er von 1972 bis 1979 Schauspieldirektor war.
1980 gründete er mit dem Dramaturgen Helmut Schäfer und dem Bühnenbildner Gralf-Edzard Habben das Theater an der Ruhr, ein in Deutschland einzigartiges Modell eines ökonomisch und künstlerisch sinnvoll organisierten Theaterbetriebs.
Für sein künstlerisches Schaffen und sein humanistisches Engagement erhielt er im In- und Ausland zahlreiche Auszeichnungen, u. a. den Preis des Kritikerverbandes 1988, im Jahr 1990 die höchste Auszeichnung für seine besonderen Verdienste um die kulturellen Beziehungen der Republik Jugoslawien und von Polen den Orden "Merite en faveur de la Culture Polonaise", 1994 verlieh ihm Ministerpräsident Johannes Rau den Verdienstorden des Landes NRW. 1996 wird er für seine besonderen Verdienste um das Gemeinwohl von Bundespräsident Roman Herzog mit dem Verdienstorden der BRD ausgezeichnet. 2002 erhält er den Preis der Hiroshima Foundation sowie den Preis zum Welttheatertag 2002 des Internationalen Theaterinstitus e.V.


Photograph: Sohrab Darya-Bandari