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09. Dezember 2001

Frankfurter Dialoge - Körper und Natur

mit Jean-Luc Nancy und Olaf Nicolai




Objektiv wie subjektiv ist der Existierende nach wie vor ein Leib: Sein Leib ist in der Welt und so erkennt der Existierende sich. (Wogegen er sich nicht als bloße Innerlichkeit erkennen kann, sondern diese postulieren muß.) Andererseits geht man davon aus, daß der Leib zu der sogenannten „Natur“ gehört.
Aus dem selben Grund jedoch, wonach die Existenz leiblich ist, begreift sie sich auch als nicht natürlich: Zu ihr gehört die reine Selbstgegenwärtigkeit (das allumfassende Bewußtsein oder die totale Immanenz) nicht, auch besitzt sie keinen eigenen Sinn und dementsprechend auch keinen Sinn für die Welt.
Nun gerät die angenommene Natürlichkeit des Leibs - nicht allein nur des Menschenleibs - sichtlich und technisch ins Wanken (Chirurgie, Protethik, Genmodifikationen, Ökologische Verformungen, usw.). Der perfekte synthetisch hergestellte Mensch ist nicht mehr bloß denkbar, sondern wird in bestimmten Bereichen als wünschenswert betrachtet.
Demgegenüber stehen Archaismen wie Tätowierung, Piercing, Muskelkult etc. Jedenfalls rücken Körper, Natur und Technik nahe zusammen. Kann man den Gedanken der Natur als Rohstoff und primäre Gegebenheit aufrechterhalten? Wie soll man das doppelte, simultane Verschwinden der „Natur“ (in der „Technik“) und des „Geistes“ (im „Leib“) verstehen? Wie wird der Leib Stätte einer Frage, die sich weder auf die Verherrlichung noch auf die Erniedrigung des Leibes zurückführen läßt? Warum ist in der Moderne der Leib zu einem Thema des philosophischen Denkens geworden? Und schließlich: in welchem Verhältnis stehen all diese Fragen zur Globalisierung?

Olaf Nicolai,1962 geboren in Halle, lebt und arbeitet als Bildender Künstler in Berlin und Leipzig. Er studierte Germanistik und Literatur, bevor die Bildende Kunst zu seiner Profession wurde.
Olaf Nicolai erhielt bereits mehrere Stipendien und Preise (1993 Studienstiftung des Deutschen Volkes, 1996 Botho-Graef-Kunstpreis der Stadt Jena und Stipendium Villa Massimo in Rom, 1998 Arbeitsstipendium der Western Front, Vancouver, und P.S. 1 Stipendium, New York, u.a.) In zahlreichen internationalen Einzel- und Gruppenaustellungen wurden seine Arbeiten ausgestellt: 1994: „Sammlers Blick“, Lindenau Museum, Altenburg, „Tableau/Speicher“, Grassimuseum, Leipzig, dokumenta X, Kassel, 1995: „Die Neuaufteilung der Welt“, Kunstverein Göttingen; 1996: „Planze/Interieur“ Galerie Hohental und Bergen, Köln, „Emtpy Gardens“, Watari-Um Museum, Tokyo; 1997: „Nature is a workshop“ Galeria SKUC, Ljubljana; 1998: „Landschaft. Metaphysisch+konkret“, Kunstverein Ulm, „Landschaft. Die Spur des Sublimen“ Kunsthalle Kiel, „etre nature“, Fondation Cartier Paris, „grandeur nature“, Parc La Courneuve, St. Denis, Paris; 1999: „Skulpturenbiennale 1999“, Münster, „Moving Images. Film-Reflexion in der Kunst“, Galerie für zeitgenössische Kunst, Leipzig, „kant park“, Wilhelm Lehmbruck Museum Duisburg; 2000: „... fading in, fading out, fading away ...“, Westfälischer Kunstverein Münster, 2001: Migromuseum, Zürich, u. a.

Olaf Nicolai integriert in seinen künstlerischen Arbeiten neben klassischen künstlerischen Techniken auch Sammeln, Spurensicherung und Archivierung als Tätigkeiten künstlerischer Produktion. Seine Verknüpfung von aktuellen Fragen der Natur- und Geisteswissenschaften mit konzeptionellen Arbeiten, die sich auf Biologie, Architektur, Ästhetik, Ikonographie, Geschichte und allgemeine zivilisatorische und urbane Prozesse beziehen, zielt auf die Konstruktion und das Erforschen neuer ästhetischer Kontexte, wobei häufig die Differenz zwischen Natur und Kunst bzw. zwischen Natürlichkeit und Künstlichkeit reflektiert wird.