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Spielplan



I will survive!

/ Arche 2006 – Kunst, Theorie und Praxis zur Rettung der Welt
/ Kurator: Matthias von Hartz / Ausstattung: Michael Böhler, Sabrina Henssen / Dramaturgie: Sibylle Baschung / Dramaturgische Mitarbeit und Produktionsleitung: Nina Steinhilber
/ 12. – 18. Februar 2006 / Großes Haus, Glas Haus und Foyers

Regie: Sibylle Baschung


Die Welt muß gerettet werden, soviel ist offensichtlich.

Das wissen alle, aber irgendwie fängt keiner an. Nach dem Widerstandskongreß im letzten Februar („Schöner wär’s wenn’s schöner wär – Der Kongreß“) machen wir nun den ersten Schritt mit „I will survive – Arche 2006: Kunst, Theorie und Praxis zur Rettung der Welt“. Im schauspielfrankfurt arbeiten Künstler und Wissenschaftler seit Wochen an unserem Überleben. Im Glashaus wird geforscht, recherchiert, gezüchtet, experimentiert, konstruiert und gebaut. Ein Ende ist nicht abzusehen, aber es geht ja auch ums Ganze. In diese Labor-Baustelle werden wir in der zweiten Februarwoche weitere internationale Gäste einladen, die sich mit dem Untergang und der Rettung der Welt beschäftigt haben. Womit sonst.

Das Spektrum unserer Gäste reicht von bildenden Künstlern über Forscher, Klimaexperten und Umwelt-Aktivisten bis hin zu Theologen und Kapitalismuskritikern.
Eröffnet wird der diesjährige Kongreß am Sonntag, den 12. Februar, mit einem Vortrag eines der einflußreichsten Intellektuellen der USA, dem Ökonomen und Bestsellerautor Jeremy Rifkin.
Während der Woche laden wir Sie in unsere Arche zu Abendessen mit Tischreden von unseren Gästen ein. Die freitagsküche kocht für alle und zwischen den Gängen werden Sie Experten aus verschiedenen Disziplinen und Ländern mit theoretischem Input versorgen, über den Sie dann beim Essen mit ihren Tischgenossen streiten können – oder auch nicht. Eine Woche Zeit, sich mit den unterschiedlichen Thesen zum drohendem Untergang und den entsprechenden Rettungsvorschlägen zu befassen.
Am Samstag, den 18. Februar, werden zum Abschluß des Kongreßes Künstler, politische Gruppen und weitere Wissenschaftler mit Workshops und Vorträgen, Installationen und Interventionen, Theater und Performances das ganze schauspielfrankfurt bespielen. Zahlreiche Projekte zwischen künstlerischer Bildkraft und wissenschaftlicher Präzision ermöglichen jedem Zuschauer, sich seinen Abend rund um Überleben und Untergang nach eigenen Interessen und Vorlieben zusammenzustellen.


/ 12. Februar: Wird der Europäische Traum die Welt retten?
Jeremy Rifkin (Autor von Der Europäische Traum und Die Wasserstoffrevolution) im Gesprächmit Daniel Cohn-Bendit.
Anschl. Eröffnung der Archenbaustelle mit dem Survival-Snack der Freitagsküche
/ Großes Haus / 15.00 bis 16.30 Uhr
/ € 14 / erm. €10.-




Das Überlebensprogramm der Arche 2006 wird künstlerisch und kulinarisch begleitet von der freitagsküche aus Frankfurt. Die freitagsküche begreift das Kochen als kommunizierendes Medium und versteht sich als Plattform: Künstler und Wissenschaftler werden zum Kochen, Arbeiten und Ausstellen eingeladen. Dem Essen folgt die Diskussion, die Performance wird zur Party. Und natürlich kocht die freitagsküche gut...

Also: Die Welt kann gerettet werden – fragen Sie nach, hören Sie zu, lassen Sie es sich schmecken.

/ WOCHENPROGRAMM
/ 13. – 17. Februar / jeweils 20.00 Uhr / Glas Haus



/ 13. Februar: Künstlerische Utopien zwischen Überleben und Ausbeutung.
Abendbrot in der Arche mit Joep van Lieshout (Atelier van Lieshout; Rotterdam) und der Freitagsküche
/ 20 Uhr / Glas Haus / € 10.- / keine Erm.


Mit Mitteln der Kunst, der Architektur und des Designs feilt die 1995 gegründete holländische Künstlergruppe „Atelier van Lieshout“ (AVL) an Modellen der Gesellschaft. Ihre Arbeiten bewegen sich zwischen utopisch-visionären Konzepten und Warnungen an die Zukunft. „Vielleicht kann man sagen, daß ich eine neue Welt schaffe oder ein riesiges Gesamtkunstwerk“, erklärt der Ateliergründer Joep van Lieshout den Kern seiner Arbeiten. 2001 gründete „AVL“ mit einer Schar von künstlerischen Mitstreitern einen Freistaat mit autarken Wirtschaftsstrukturen im Hafen von Rotterdam – der trotz behördlicher Proteste für einige Monate bestehen konnte: Man lebte und arbeitete im Kunstwerk, einer Utopie aus mobilen Wohneinheiten, Kompost-Toiletten, Biogas-Anlage, Bio-Bauernhof, eigener Währung, Verfassung und Brauerei. Im Gegensatz dazu beschäftigen sich die neuesten Arbeiten mit Systemen der Unterdrückung und Ausbeutung.

/ 15. Februar: Von der fossilen zur solaren Kultur.
Abendbrot in der Arche mit Hermann Scheer (Präsident Eurosolar und Träger des alternativen Nobelpreises; Berlin) und der Freitagsküche
/ 20.00 Uhr / Glas Haus / € 10.- / Keine Erm.


Aufgebrauchte Ölvorräte, weltweite Energiekrisen und voranschreitende Ressourcenkonflikte – es sieht düster aus mit der zukünftigen Weltenergieversorgung. Handfeste Thesen gegen das apokalyptische Szenario bringt Hermann Scheer, Mitglied des Bundestags, Präsident von Eurosolar sowie Vorsitzender des Weltrates für erneuerbare Energien. Wie sieht das Energiekonzept der Zukunft aus? Wie läßt es sich finanzieren? Und warum gestaltet sich der längst überfällige Wechsel zu den erneuerbaren Energien so zäh? Hermann Scheer räumt auf mit den überkommenen Mythen der fossilen Ressourcenpolitik. Endlich. Ein Wettlauf mit der Zeit.

/ 16. Februar: Wem gehört die Welt? Biopiraterie ohne Enterhaken. Abendbrot in der Arche mit Gregor Kaiser (BUKO-Kampagne gegen Biopiraterie).und der Freitagsküche. Anschl. Konzert in der Arche: GUSTAV (Electronicpop aus Wien)
/ 20.00 Uhr / Glas Haus / € 10.- / Keine Erm.
/ ca. 22.00 Uhr / Glas Haus / Konzert in der Arche: SOLESTAR


Bio-Kolonialismus? Terminator-Saatgut? Biologische Vielfalt – ein Naturschutzthema für Blumenliebhaber? Bei weitem nicht. Multinationale Konzerne arbeiten in Kooperation mit staatlichen Forschungsinstituten an der Privatisierung und Aneignung biologischer Vielfalt – d.h. von Allgemeingut. Das ist Biopiraterie. Gregor Kaiser, Sprecher der BUKO-Kampagne gegen Biopiraterie, weiß, welche politischen, sozialen und ökonomischen Interessen hinter der Patentierung von Heil- und Nutzpflanzen stehen, warum sie die weltweite Ernährungssicherung, Gesundheit und Krankenversorgung bedroht, wer genau dahinter steckt, zu welchen Methoden Biopiraten sonst noch greifen und was man dagegen tun kann.
Anschließend: // SOLESTAR– Konzert in der Arche

/ 17. Februar: Deutschland überleben – die Bevölkerung der Zukunft. Abendbrot in der Arche mit Rainer Münz (Professor für Bevölkerungswissenschaft / Research & Development, Erste Bank) und der Freitagsküche
/ 20.00 Uhr / Glas Haus / € 10.- / keine Erm.


Sterben die Deutschen aus? An der Wende vom 20. zum 21. Jahrhundert hatte Deutschland knapp über 82 Millionen Einwohner. Ein historischer Höchststand. Allerdings wird die Bevölkerung nicht weiter wachsen. Sie wird massiv schrumpfen. Und altern. Was das bedeutet, ist kaum richtig vorstellbar. In den letzten 200 Jahren gibt es keine historische Erfahrung, auf die zurückgegriffen werden kann. In diesem beträchtlichen Umfang verkleinerte sich die Bevölkerung auf dem Gebiet des heutigen Deutschland zum letzten Mal 1618, während des Dreißigjährigen Kriegs. In anderen, vor allem ärmeren Teilen der Welt sieht die Sache oft umgekehrt aus: rapides Bevölkerungswachstum. Neuorganisation von Wirtschaftsmigration und Flüchtlingspolitik – die zukunftsweisenden Lösungsstrategien?

/ 18. Februar: Das Finale – I will survive – Arche 2006: Kunst und Theorie zur Rettung der Welt.
/ 16.00 Uhr - 18.00 Uhr: Workshops.
/ Ab 19.00 Uhr - 2.00 Uhr / Großes Haus und Foyers / € 14.- / erm. € 10.-
/ Performances, Politik, Thesen und Tanzen
/ Mit: Auftrag: Lorey, Attac, Boomgarten Club Real, Eugen Drewermann, Freitagsküche, Greenpeace, Mathias Greffrath, Jürgen Kuttner, Lawrence Malstaff, Monstertruck, Nitribitt, Oxford Future of Humanity Institute, Potsdam Institut für Klimafolgen, Robin Wood, Simon Solberg, Roger Vontobel, Studierenden
der HfG Offenbach u.a.


// Shrink
/ Installation von Lawrence Malstaf (Belgien)


Timeout, Auszeit, Sendepause. Haben Sie sich auch schon mal gewünscht, in eine Zwischenzeit, an einen Nichtort, in ein Vakuum zu flüchten und sich dem Leben erst wieder zu stellen, wenn Sie sich dazu bereit fühlen oder sich draußen alles zum besseren verändert hat? Der belgische Künstler Lawrence Malstaf weiß, wie man dem alltäglichen Wahnsinn entkommt, wie man den Untergang überlebt, schwierige Zeiten überbrückt und trotzdem frisch bleibt: Er läßt sich vakuumverpacken.


galerie fortlaan 17 / Foto: Dirk Pauwels

Auch die Zuschauer haben die Gelegenheit, sich für ein paar Minuten von Lawrence Malstaf zwischen zwei Lagen transparenter PVC-Folie verpacken zu lassen. Das erschreckende Bild von außen ist das Gegenteil von innen, ein Gefühl von Schwerelosigkeit und Sicherheit.

// MELTDOWN 2040
/ Eine Science-Fiction Show von Monstertruck (Institut für Angewandte Theaterwissenschaft / Gießen) nach Texten von Stanislaw Lem und Wolf Singer


Monstertruck machen sich Gedanken zum Überleben von intelligenten Organismen. Im Jahre 2040: Die Erdbevölkerung muß evakuiert werden; Ein kybernetischer Meltdown steht kurz bevor. Doch die Gefahr steht in keiner Relation zu dem zu erwartenden Erfolg: Im Headquarter der UAC arbeiten Spezialisten an der Kalibrierung des Intelligenzverstärkers. Sie tragen Partyhüte. Sie trinken Kaffee. Der freie Wille ist ihre Utopie.



„Erstens, es kann Niemanden auf dieser Erde geben, der es wesentlich besser wissen könnte als wir selbst, und zweitens, selbst wenn es diese Meta-Intelligenz gäbe, wäre sie aus prinzipiellen Gründen nicht in der Lage, zukünftige Entwicklungen so zu beeinflussen, daß diese sich langfristig auf ein bestimmtes Ziel hin bewegen.“
Wolf Singer

// Standbild mit Randexistenzen
/ Performance von „Auftrag:Lorey“ (Gießen)


Endlich sagen, was man schon immer hat sagen wollen. Endlich gefragt werden. 35 Mal verschenkt das Regieduo Stefanie Lorey und Bjoern Auftrag jeweils eine Minute freie Redezeit auf der Großen Bühne. Voraussetzungslos. Bedingungslos. Keine Auswahl, keine Zensur. Eine Minute Bühnenpräsenz, die die Teilnehmer nutzen können, wie sie wollen: Untergangsszenarien malen, Rettungsvorschläge entwickeln, Geschichten erzählen, Klagelieder anstimmen, Revolutionen anzetteln, Überlebenssprünge vortanzen... Eine Möglichkeit zum Abtreten wird nicht gewährt. Aber jeder hat seine eigene Lampe dabei, um etwas Licht ins Dunkel zu bringen. Nach und nach formiert sich auf der Bühne ein Gruppenbild.



Für diese Performance suchen wir Menschen, die Interesse haben, eine Minute freie Redezeit auf der Bühne zu nutzen. Mitmachen kann jeder, der das 18. Lebensjahr erreicht hat.
Interessenten melden sich bitte bei Marie Zahir: 0175/474 16 28 oder Stefanie Lorey: 0179/514 09 47, oder E-Mail schicken an: auftrag.lorey@gmx.de.

// Präsentation eines Prototyps
/ von Julie Zeh / Gastspiel der Münchner Kammerspiele
/ Regie: Roger Vontobel / Mit: Paul Herwig




Er ist 35 Jahre alt und gegen alles, wofür man in unserer Gesellschaft sonst nur sein kann. Er kämpft gegen Schönheit, Reichtum, Erfolg und Jugendlichkeit, er kämpft allein, utopielos, illusionslos. Er kämpft gegen eine Gesellschaft, die sich im Namen der Freiheit von Religion, Konvention und Tradition befreit hat und deren Befreiungskampf am Ende ein Kampf aller gegen alle sein wird. Als Überlebensstrategie bleibt einzig: die Selbstbefreiung aus dem System. Willkommen bei der Ein-Mann-Revolution!

// Hat der Glaube Hoffnung?
/ Vortrag von Eugen Drewermann


Genetiker spielen Schöpfung. Das große Geld diktiert die Entwicklung. Gleichzeitig zeigt unser Umgang mit der Natur katastrophale Folgen von apokalyptischem Ausmaß. Wie läßt sich in einer Zeit, die vom biotechnischen und ökonomischen Kalkül bestimmt scheint, noch von Gott, von Seele, von Sinn sprechen? Wozu Religion? Brauchen wir sie zum Überleben? Was ist Religion und was hat sie heutzutage zu sagen? Gibt es eine Renaissance des religiösen Glaubens? Wenn ja, wie sähe sie aus und was würde sie leisten?
Eugen Drewermann, wie kein anderer Theologe mit den modernen Naturwissenschaften vertraut und durch umfangreiche Werke dazu ausgewiesen, konzentriert sich auf die zentralen Fragen und bezieht Position.