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Spielplan


Termine schmidtstrasse12:

20. / 28. Dezember 2007
12. Januar 2008
23. Februar 2008
01. / 15. März 2008
19. / 26. April 2008
10. / 28. Mai 2008
07. Juni 2008

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Pressestimmen

hr2-kultur-Frühkritik am 21.12.2007 [mp3] [6.734 KB] />

Don Quijote

Pressestimmen


"Man kommt in einen großen relativ kahlen Raum, ein Wohnwagen steht da, eine sehr typische Frankfurter Trinkbudenhalle und mittendrin so eine scheckige Gestalt, der man im Dunkeln hinter’m Supermarkt oder am Hinterausgang der Kneipe nicht begegnen möchte. Eben dieser Don Quijote: kahler Schädel, dreckiges graues Unterhemd, Hosenträger, sehr virile ausladende Bewegungen. Erstmal Angst einflößend, aber dann doch merkt man, er ist in einer Art und Weise verwirrt, die auf eine Zartheit im Inneren hinweist. Und das ist etwas, wo man vom Angstschrecken, von der Verstörung, dann in die Betörung reinfällt, dass in einem so rauen Gelände ein so rauer Gesell doch eine Ausstrahlung hat, die irgendwie etwas an sich hat. Und dann sind wir schon sehr im Roman drin, sehr im Stück drin und in einer Inszenierung die Frankfurt quasi redupliziert. Man sieht sehr viele Videoeinspielungen, man sieht wieder die Frankfurter Bankhochhäuser, man sieht das Bahnhofsviertel und mittendrin Don Quijote, der seine Abenteuer bestehen will und natürlich von einem türkischen Schläger im Bahnhofsviertel eine auf’s Maul bekommt. Also sehr heutig wird das gemacht, sehr selbstironisch mit diesen Medien spielend. ... Ja, also in dieser äußerlich sehr rauen Schale, etwas abgetakelt wirkend, wirkt er auf einmal doch sehr zart, sehr verwirrt. Und dieses Bestehen, dass die Welt so ist, wie er es sich vorstellt und nicht, wie sie ist, wie sie auf ihn einstürmt, das verkörpert er doch sehr schön, sehr konsequent, sehr rau in dieser sehr rauen Atmosphäre. Am Schluss sieht die Bühne sehr zerstört aus mit Mehlstaubbomben, mit Papierhaufen. Also es sieht aus wie eine Rumpelkammer. Aber es ist sehr genau, sehr sorgsam choreographiert. Da passt alles zusammen. Und auch dieser Don Quijote, der am Schluss dann quasi in einen poetischen Schlaf fällt und die Bühne wird dann schwarz – das ist schon ein Erlebnis, wo man sagt, diese Hauptdarsteller, diese Regie, diese Inszenierung, diese Location (sagt man ja heute) und dieser Gesamtzusammenhang Frankfurt, in dem sich das alles abspielt, ist ein sehr rundes Paket."

HR2, Mikado, Frühkritik, 21. Dezember 2007

"In der schmidtstraße, Experimentierwerkstatt des schauspielfrankfurt, hat Solberg eine ideale Spielwiese für seine überbordende Phantasie, die er auch in den Mannheimer Produktionen "Fremde Kämpfe" und "Pimp the city" unter Beweis gestellt hatte.
Kämpfte er in den Quadraten gegen Unbill sozial Benachteiligter, kämpft er am Bankenplatz Frankfurt gegen den Großkommerz. Im Ghandi-Kostüm stürmt er - im genialischen Video von Philipp Batereau freilich - die wolkenkratzenden Glasfassaden der Kreditinstitute, die dort bekanntlich unter einem guten Mercedes-Stern stehen, dem er ebenfalls an den Kühlergrill will.
Kluges wie spielfreudiges Trash-Theater ist es geworden, was er mit Dramaturg Raphael Kassner aus der literarischen Vorlage gemacht hat - eine Theaterform, derer man ob ihrer Beliebigkeit längst überdrüssig war. Doch Solberg beherrscht das nötige Handwerkszeug: Er lässt Kronen aus Papier reißen, Pferde aus Zollstöcken klappen, belebt Pappkartons, Supermärkte und Imbissbuden. Lustig und unterhaltsam ist das allemal, vor allem wenn der trickreiche Aufwand in so fähigen Händen wie denen von Sebastian Schindegger (Don Quijote) und Moritz Peters (Sancho Pansa) ist.
Die Verschiebung von Realität und Fiktion, Illusion und Frustration, moralischer Inbrunst und kapitalistischer Kapitulation funktioniert mit dem Ritter von der traurigen Gestalt in mehrfacher Hinsicht. Windmühlen, Riesen und Widersacher gibt es heute mehr denn je, und das Spiel an den Grenzen zwischen Einbildung und Wirklichkeit ist ohnehin im Theater zuhause. Also springt Solberg mit seinen Darstellern auch lustvoll aus dem Schaffensprozess des Schreibens ins filmische und theatralische Erleben und schrammt genüsslich das Alltägliche aus Politik und Handel. Diese phantasievollen Übergänge sind handwerklich erstaunlich, haben Witz und Tiefe. Nur wer der Kraft des Fiktiven vertraut, erträgt die Realität. Zu guter Letzt springt Sancho Pansa mit einem Panzer aus Büchern zurück in die Abenteuer des Lebens - er ist gut gewappnet."

Mannheimer Morgen, 22. Dezember 2007

"Ein Theaterabend "nach Motiven des Romans von Miguel de Cervantes" war angekündigt, von wem der Text, der hier gesprochen wird, nun aber letztlich stammt, wer die Versatzstücke aus dem Meisterwerk des spanischen Nationaldichters zu diesem Tableau aus Szenen und multimedialen Elementen montiert hat, bleibt im Dunkeln. Wir nehmen an, der Regisseur selber. Dabei ist ihm etwas gelungen, was man von etlichen auf der großen Bühne des Sprechtheaters gezeigten Adaptionen von Romanen oder Filmen nicht behaupten kann: die exzellente Umsetzung eines hinreichend bekannten Stoffes.
Die Ins-Gegenwärtige-Übersetzung der Geschichte vom letzten Ritter, der in völliger Verkennung der Verhältnisse an den alten Idealen der Kavaliere festhält, wider die bösen Mächte und für ein edles Fräulein streitet, ist auf verblüffende Weise geglückt.
...Das Ganze ist ein kurzweiliges Spektakel, das nie in Klamauk und Klamotte abgleitet, aber mit vielen skurrilen Bildern, absurden Begegnungen und einigem Wortwitz aufwartet. Und dieses spätmoderne Ritter-und-Knappe-Paar ist dem Original auf unerwartete Weise nah."

FAZ, 22. Dezember 2007

"Erstaunlich ist aber nun, mit wie viel liebevollem Aufwand und wie viel inhaltlicher Einfachheit Regisseur Simon Solberg die Aktualisierung gestaltet: Der überm Lesen verrückt gewordene Ritter ist nun der Schauspieler Sebastian Schindegger, der sich in der Schmidtstraße des Frankfurter Schauspiels mit südlichem Akzent, fahrigen Gebärden und einer Papp-Rosinante versieht und sich und uns anderthalb Stunden lang mit einer Materialschlacht unterhält."

FR, 22. Dezember 2007