Das Bühnenbild ist sehr minimalistisch gehalten, was der Inszenierung gut tut, weil sie damit an Zeitlosigkeit gewinnt und die Aufmerksamkeit umso stärker auf die Texte lenkt. Sicher wird dadurch auch die Fantasie der Zuschauer stärker beansprucht, was je nach Erwartung an den Theaterbesuch unterschiedlich bewertet wird. Mir persönlich hat es sehr gefallen.
Respekt für den körperlichen Einsatz der Schauspieler; sicher hat es bei den Proben einige blaue Flecken gegeben, bevor jeder Sturz perfekt saß. Wäre aus meiner Sicht in dieser Form nicht unbedingt nötig gewesen, hat mich aber auch nicht sonderlich gestört.
Für mich war es die erste Begegnung mit Goethes "Torquato Tasso", und stellenweise fühlte ich mich ein wenig mit dem sehr komplexen Text allein gelassen. Wirklich hinderlich war, dass das Verhalten der Rollen teilweise wohl bewusst vom "eigentlichen" Verlauf des Stückes abwich - insbesondere am Ende, als die Prinzessin erst Tasso umarmt und dann, als dieser die Umarmung erwidert, plötzlich schreit und sich nicht mehr bewegt. Warum daraufhin der Herzog sagt, Tasso käme von Sinnen, und die wie tot vor ihm liegende Prinzessin überhaupt nicht beachtet, habe ich erst nach Lektüre des Wikipedia-Artikels verstanden: Weil sie eigentlich gar nicht da herumliegt und auch Tasso gar nicht von sich aus umarmt hat, sondern ihn vielmehr nach einem von ihm ausgehenden Umarmungsversuch wegstößt und von der Bühne geht. Daher meine einzige Negativ-Kritik: Es ist ja schön und gut, wenn man Stücke neu interpretiert, aber irgendwie sollte auch die Neuinterpretation in sich stimmig und nachvollziehbar sein.