Nathan der Weise
Bastian Liebermann / bastian_liebermann@web.de
Die Inszenierung des dramatischen Gedichts Nathan der Weise, ursprünglich geschrieben von Gotthold Ephraim Lessing und nun durch Karin Neuhäuser inszeniert, die momentan im Frankfurter Schauspielhaus aufgeführt wird, besticht neben sehr guten Schauspielern auch durch die moderne Gestaltung, sowohl der Kostüme der Schauspieler als auch des Inventars. So dient zum Beispiel ein Notebook mit Chess-Software als ein im Original vorkommendes Schachspiel.
Allgemein ist diese Inszenierung sehr interessant gestaltet. So kommen ermüdende, langweilige Szenen, wie sie im Buch durchaus auftreten, in dieser Inszenierung so gut wie nicht vor, da sich die Schauspieler zum Beispiel vollkommen anders verhalten als man erwartet. Eine dieser Szenen ist die Erzählung der Ringparabel. Man würde wohl annehmen, dass Nathan sie als weiser Mann erzählt, wie ein Großvater dem kleinen Enkelkind. In dieser Inszenierung jedoch lacht er, fast scheint es verzweifelt, die gesamte Geschichte über. An der Menge solcher umgestalteter Szenen kann man sehen, wie die Regisseurin das Stück auf die Moderne zugeschnitten hat. Fürs Auge gibt es hingegen weniger Abwechslung. So ist die einzige Änderung am Bühnenbild, dass die in mehrere Teile geschnittene Hebebühne unterschiedlich gehoben bzw. gesenkt wird. Insgesamt ist der Bühnenaufbau sehr puristisch gestaltet. Es ist jedoch hilfreich, wenn man das Buch gelesen hat, da man so schon eine Ahnung von der Geschichte hat und sich nicht so aufs Verfolgen dieser konzentrieren muss, sondern sich auf Details konzentrieren kann.
Ich denke, diese Inszenierung ist auf jeden Fall sehenswert, da sie einfach mal etwas anderes ist.
Eric Schmidgall / eric-yves@gmx.net
Der Vorhang öffnet sich, Stillt tritt ein, alle Schauspieler auf der Bühne versammelt, in der Mitte klafft ein großes Loch, eine Fernsehmauer bildet den Hintergrund. Mit einfachen Mitteln ein gelungenes Theaterstück aufzuführen gelingt nicht allen, doch "Nathan der Weise" war die Bestätigung, dass es doch möglich ist, aber nur durch die grandiose Darstellung der Schauspieler, die ihre Rolle mit Herz und Seele verkörpert haben. Die Überraschung war allerdings groß, als man die Kostüme der Schauspieler gesehen hat. Anstatt der gedachten prachtvollen Kleidung lief ein Tempelherr mit Puma-Schuhen über die Bühne und Saladin mit einem schwarzen Ledermantel und einer lässigen, leicht-getönten Brille sah er aus wie ein Playboy als ein Sultan. Das Bühnenbild war simpel, aber ausdrucksvoll. Sei es die Klagemauer aus Fernsehern, oder die ausfahrbaren Bodenstücke, die als Lift fungierten. Alles wollte etwas aussagen, seien es die Medien, die uns im Griff haben, oder die Rangordnung unter den Charakteren des Stückes. Alles hatte seinen Platz und seinen Sinn. Trotz der modernen Inszenierung ging das Stück jedoch nicht verloren, im Gegenteil, die Moderne und die Antike harmonierten gut miteinander und brachten die Aussage des Stückes klar über die Bühne. Die Schauspieler jedoch tragen den größten Teil dieses Erfolges. Man konnte sich nicht beklagen: klar und deutlich wurde gesprochen, die schauspielerischen- und auch sportlichen Fähigkeiten wurden unter Beweis gestellt, Mimik und Gestik unterstrichen eine perfekte Darstellung. Trotz der komplizierten Themen des Stückes war es nicht schwierig dem Inhalt während der Aufführung zu folgen und man war eher erstaunt, wie schnell die Zeit an einem vorbeigelaufen ist. Dies spricht ganz klar für eine sehr gelungene Vorführung, die es geschafft hat ein altes Theaterstück in einem modernen Rahmen zu präsentieren und dadurch die Aktualität der im Drama angesprochenen Probleme auf unsere Gesellschaft projeziert.